Die Reportage-Reihe "Ein Dorf baut auf" begleitet die Menschen in Dernau im Kreis Ahrweiler nach der Flutkatastrophe auf ihrem Weg zurück in die Normalität. In der fünften Folge "Arbeit als Auszeit" haben sich Alexandra Baltes, Winzer Markus Bertram, Hotelier-Familie Schnitzler und Tischler Sebastian Tetzlaff soweit eingerichtet, dass sie endlich wieder ihrer eigentlichen Arbeit nachgehen können - eine willkommene Ablenkung von den allgegenwärtigen Wiederaufbau-Sorgen.
Weinlese und Hoffnung auf guten Jahrgang in Dernau
"Da kannst du im Kopf mal wirklich abschalten, weil du nicht an den Aufbau und die Probleme, die dich unten im Tal erwarten, denkst", sagt Winzer Markus Bertram, der gerade mit vielen freiwilligen Helfern in einem seiner Weinberge die Trauben liest. Ohne deren Hilfe wäre es in diesem Jahr schwierig geworden, denn viele, die sonst helfen, haben in ihren zerstörten Häusern zu tun. Saisonarbeiter können nach den großflächigen Zerstörungen im Ahrtal nicht untergebracht werden. Für Bertram steht viel auf dem Spiel: "Die Weinberge sind das Einzige, was uns nach der Flut noch geblieben ist. Da muss man jetzt natürlich gucken, dass man das Optimum rausholt."
Frühschoppen im Zelt statt Winzerfest im ganzen Dorf
Franziska Schnitzler und ihre Familie haben inzwischen vor den Ruinen ihres alten Hotels "Kölner Hof" ein Zelt aufgebaut. Hier sollen die Dernauer künftig wieder feiern können. Eigentlich hätten die Schnitzlers ihr Hotel in diesen Tagen voll mit Gästen zum großen Winzerfest. Das muss in diesem Jahr in sehr reduzierter Form als Frühschoppen im Zelt stattfinden. "Das Abwarten ist vorbei, wir haben endlich wieder eine Aufgabe, die wir erfüllen können", sagt Franziska Schnitzler. Gleichzeitig warte sie auf Antwort der Behörden, ob und wann sie ihr Hotel wieder aufbauen dürfen.
Sehnsucht nach Normalität Ein Dorf baut auf - Folge 4: Alltag zwischen Ruinen
Acht Wochen nach der Flut ist in Dernau sowas wie ein neuer Alltag eingekehrt. Waschen, duschen oder kochen im eigenen Haus ist für die meisten aber immer noch unmöglich.
Homeoffice im entkernten Haus
Auch Alexandra Baltes arbeitet wieder. Sie ist Kundenbetreuerin und nutzt den einzig verbliebenen Raum in ihrem ansonsten völlig entkernten Haus fürs Homeoffice. "Der erste Tag war eine Katastrophe", sagt sie. Erst langsam habe sie sich irgendwann wieder ganz auf ihre Arbeit konzentrieren können, während draußen die Lkws, Bagger und Stemmhammer dröhnen. Mittlerweile gibt ihr die Arbeit aber auch ein wichtiges Stück Normalität in all dem Chaos.
Handwerker hilft seinen Nachbarn
So geht es auch Sebastian Tetzlaff. Der Tischler lebt nach dem Abriss seines Hauses im Wohnwagen und hat einen Werkstattcontainer auf seinem Grundstück stehen. Neben der eigentlichen Arbeit für seine Kunden hilft er auch immer wieder mal seinen Nachbarn im Dorf mit kleinen Reparaturen.
"In der jetzigen Situation tut es einfach gut, wenn man spürt, dass man gebraucht wird." Denn seit der Flutnacht, in der auch seine Schwiegermutter starb, hat Tetzlaff mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung zu kämpfen. "Man fühlt eigentlich nichts, keinen Stress, keine Trauer und kein wirkliches Glück. Es ist, als wäre an dem 14. Juli ein Vorhang heruntergegangen."