Bild eines Wolfs: Ein in Laichingen gefundenes, totes Tier ist nun zweifelsfrei als Wolf identifiziert worden.

Schnellerer Abschuss von Wölfen statt Herdenschutz?

Gemeinde Münstertal diskutiert über Zäune gegen Wölfe

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Jessica Hans

Wolfsschutzzäune seien teuer, störten das Landschaftsbild, versperrten Wege und beeinträchtigten die Jagd - das beklagt der Münstertaler Gemeinderat und will sie deshalb wenn nötig verbieten.

Der Bau von Herdenschutzzäunen sorgt in Münstertal (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) im Jagd-, Tourismus- und Landwirtschaftssektor für Interessenskonflikte. Der Gemeinderat will diese künftig verbieten.

Gemeinderat stimmt am Montagabend über Zaun-Verbot ab

Der Gemeinde Münstertal soll es ermöglicht werden, das Aufstellen eines solchen Zaunes zu verhindern. So steht es in einer Beschlussvorlage, über die der Gemeinderat am Montagabend abstimmen will. Sollte für die Regelung gestimmt werden, müssten Neupächter gemeindeeigener Weideflächen dann erst die Einverständnis der Gemeinde einholen, wenn sie einen Wolfsschutzzaun aufstellen wollen. Für den Fall, dass ein Tier in die Klauen eines Wolfes gerät, soll der betroffene Landwirt dennoch Geld aus einem Entschädigungsfonds erhalten. Den plant die Gemeinde eigens dafür einzurichten.

Wieso diese Zäune verbieten? Es sei sehr aufwendig für die Landwirte Herdenschutzzäune aufzustellen, so der Münstertaler Bürgermeister Patrick Weichert (CDU). Die Kosten für den Unterhalt seien hoch und außerdem behindere ein Zaun Spaziergänger, den Wildwechsel und dadurch auch die Jagd.

Wolfsexperte: Zäune behindern nicht die Jagd

Argumente, die Biologe und Naturschützer, Peter Herold, von der "Gesellschaft zum Schutz der Wölfe" nicht nachvollziehen kann. Die Zäune würden nicht den Wildwechsel beeinträchtigen und somit auch nicht die Jagd, sagt der Wolfsexperte und beruft sich dabei auf eine vom NABU Niedersachen durchgeführte Studie zur Wilddurchlässigkeit wolfsabweisender Zäune. Neben Wölfen würden lediglich Wildschweine von dem Zaun aufgehalten werden. Doch diese seien ihm zufolge auf dem Weideland genauso unerwünscht, wie der Jagdbetrieb.

Biologe und Naturschützer, Peter Herold, hält die Aussage, Herdenschutzzäune behinderten die Jagd, für ein Scheinargument:

Seiner Ansicht nach verunstalte ein wolfsabweisender Zaun die Landschaft nicht mehr als ein Weidezaun einer Kuhherde. Zudem bezuschusst das Land die Instandhaltung der Zäune jährlich. Besorgte Touristen seien ihm allerdings auch schon untergekommen, sagt Peter Herold.

Bürgermeister fordert schnelleren Abschuss von Wölfen

Bürgermeister Patrick Weichert beruft sich darauf: Er wolle mit dieser Neuregelung bei Neuverpachtung von Weideland einen Kompromiss zwischen den verschiedenen Parteien finden. Insbesondere die Meinung der Jagdpächter wolle er bei der Entscheidungsfindung rund um eine mögliche Einzäunung miteinbeziehen.

Doch es gehe ihm um mehr als das. Weichert und seine Gemeinde fühlen sich von der Landespolitk nicht gehört. Das aktuelle Wolfsmanagement der Regierung sei in seiner Gemeinde nicht praktikabel, sagt Weichert. Das Ziel sei es, auf landes-, bundespolitischer oder sogar EU-rechtlicher Ebene für Aufmerksamkeit zur sorgen. Er fordert auch, dass es weniger Hürden geben sollte, um Wölfe abschießen zu dürfen.

Münstertals Bürgermeister Patrick Weichert über seine Ziele beim Schutz gegen Wölfe:

Der Arbeitskreis "Weidewirtschaft und Wolf" der Gemeinde spricht sich jedoch gegen das Vorhaben aus. Sie wünschen sich, dass die Landwirte der Region weiterhin frei entscheiden können, ob sie einen wolfsabweisenden Zaun errichten möchten oder nicht.

Naturschützer: Verbot von Weideschutzzäunen könnte Folgen haben

Laut Wolfsexperte, Peter Herold, könnte der Beschluss noch weitreichendere Folgen haben als die eingeschränkte Entscheidungsfreiheit betroffener Landwirte. Er befürchtet, dass ohne Schutzzäune nicht nur mehr Weidetiere gerissen werden, sondern auch mehr Wölfe als Problemwölfe kategorisiert und abgeschossen werden.

Peter Herold, Naturschützer, über die Folgen eines Verbots dieser Zäune:

Außerdem prangert er an, dass Landwirte, die ihre Tiere aufgrund fehlender Zäune der Gefahr aussetzen von einem Wolf gerissen zu werden, gegen geltendes Nutztierschutzrecht verstoßen würden. Auch die Freiburger SPD-Landtagsabgeordnete, Gabi Rolland, sieht die Beschlussgrundlage kritisch. Sachgerecht aufgestellte und funktionierende Herdenschutzzäune seien nach aktueller Forschung eine relativ sichere Methode, um Wölfe vom Weidevieh fernzuhalten. Davon abzusehen, halte sie für unklug.

Kompakte Herdenführung als Alternative zum Schutz gegen den Wolf

Bei einer Informationsveranstaltung in Schonach im Schwarzwald (Schwarzwald-Baar-Kreis) wurden 15 landwirtschaftliche Pilotbetriebe vorgestellt, die in den nächsten Jahren alternative Herdenschutzmaßnahmen ausprobieren. Im Gelände des Schwarzwalds in Kombination mit Tourismus, Forst- und Landwirtschaft ist das Aufstellen von Zäunen schwierig bis unmöglich. Eine mögliche Alternative: kompakte Herdenführung.

Christian Fehrenbach hat auf seinem Paradieshof in Schonach 35 Milchkühe und ist einer der Pilotbetriebe. Bisher sind die Rinder bei ihm auf der Weide nach Alter getrennt. In Zukunft sollen wehrhafte Alttiere - das sind Rinder, die mindestens zwei Jahre alt sind - in die Herde integriert werden. Laut Fehrenbach haben diese Tiere die nötige Erfahrung und einen ausgeprägten Mutterinstinkt. Deshalb möchten sie die Herde verteidigen, zum Beispiel vor einem Wolf.

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