Anita Singh-Carl steht in einem weißen Krankenpflegerinnen-Outfit vor einer gelben Wand in der Uniklinik.

Initiative #FreiburgEntscheidetSich

Jahrelanges Warten auf Organspende: Kampagne in Freiburg will Leben retten

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AUTOR/IN
Dinah Steinbrink

Stadt und Uniklinik Freiburg haben eine Initiative zur Organspende gestartet. Das Ziel: Mehr Menschen entscheiden sich bewusst, ob sie Organe spenden wollen oder nicht.

Noch immer haben die wenigsten Menschen in Deutschland festgehalten, ob für sie im Falle ihres Todes eine Organspende in Frage kommt. Das will die neue Initiative #FreiburgEntscheidetSich von Uniklinik und Stadt Freiburg, dem Bundesverband der Organtransplantierten sowie 20 weiteren Akteuren aus Sport, Wirtschaft und Gesellschaft ändern. Im Rahmen der Kampagne gibt es Plakate, Beiträge in sozialen Netzwerken und Diskussionen und Vorträge. An diesem Samstag informieren die Verantwortlichen an einem Stand in der Innenstadt. In Freiburg stehen alleine bei der Uniklinik 380 Menschen auf der Liste, die auf ein Spenderorgan warten - eine von ihnen ist Anita Singh-Carl.

Anita Singh-Carl wartet seit acht Jahren auf eine Niere

Anita Singh-Carl hat große braune Augen und braune Haare. Sie sitzt an ihrem Schreibtisch an der Uniklinik.
Anita Singh-Carl wartet seit acht Jahren auf einer Spenderorgan. Jede Nacht muss sich die Krankenpflegerin an eine Dialysemaschine anschließen.

Anita Singh-Carl unterstützt die Kampagne - aus eigenem Interesse. Denn sie ist nierenkrank und wartet inzwischen seit acht Jahren auf ein Organ. Seit vielen Jahren arbeitet sie als Krankenpflegerin an der Uniklinik in Freiburg und leitet stellvertretend zwei Stationen im Neurozentrum. Die 40-Jährige kümmert sich um Patienten und Patientinnen, sitzt stundenlang am Schreibtisch und arbeitet im Schichtdienst. Doch jede Nacht muss sie sich neun Stunden an ein Dialysegerät hängen.

Bereits als sie ein Kind war, versagte ihre Niere. Damals musste sie mehr als ein Jahr warten, bis sie eine Spenderniere bekam. Mit elf Jahren bekam sie das Organ eines Erwachsenen transplantiert. Doch im Jahr 2016 versagte auch diese Spenderniere. Seitdem wartet sie. Ihr gehe es recht gut, sie könne ihren Alltag organisieren, sei ein positiver Mensch, aber vor allem in Hinblick auf ihren zehnjährigen Sohn kämpfe sie mit Sorgen und Ängsten.

"Meine größte Angst ist, dass ich meinen Sohn nicht erleben darf, wenn er erwachsen ist und nicht sehen kann, wie er sich als junger Mann entwickelt."

Ständiges Warten auf den einen ersehnten Anruf

Ihr Handy hat Anita Singh-Carl immer bei sich, immer ist es an: Denn jeder Anruf könnte der rettende Anruf sein - die Nachricht, dass es eine passende Niere gibt. Kürzlich keimte große Hoffnung auf, als sie sah, dass die Chirurgie der Uniklinik anrief. Doch es war die Anfrage, ob sie bei der Kampagne mitmachen würde. Sie sagte sofort zu. So könne sie zeigen, dass hinter jeder Zahl ein Mensch, ein Menschenleben stehe. "Es ist wichtig, dass sich die Menschen damit beschäftigen und sich bewusst für oder gegen eine mögliche Organspende entscheiden", sagt sie.

Neue Kampagne als Denkanstoß

Genau das wollen auch die Initiatoren der Kampagne erreichen. "Das Thema Organspende darf kein Tabu mehr sein", sagt der Freiburger Oberbürgermeister Martin Horn (parteilos) als Schirmherr der Initiative. Jede und jeder sollte sich informieren und eine persönliche Entscheidung treffen. Das sei für viele Mitmenschen überlebenswichtig, sagt Horn.

Tausende Menschen warten bundesweit auf Spenderorgane

Bundesweit warten 8.400 Menschen auf ein lebensrettendes Organ. 2023 konnten aus Baden-Württemberg knapp 400 Organe in Deutschland und im Ausland transplantiert werden. Die Uniklinik Freiburg hat 21 Ogranspender und -spenderinnen vermittelt. Das sei bundesweit der höchste Wert, so die Uniklinik. Aber es könnten wohl deutlich mehr Spenderinnen und Spender sein. Denn: Nach einer Umfrage der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung stehen 84 Prozent der Befragten einer Organspende offen gegenüber. Aber: "Auf unseren Intensivstationen stellen wir leider fest, dass gerade einmal jeder Siebte seinen Willen schriftlich festgehalten hat", sagt Frederik Wenz, Leitender Ärztlicher Direktor am Uniklinikum.

Ich habe eine gute Resilienz. Die Hoffnung, dass ein passenden Organ kommt, ist immer da.

Entscheidung für Angehörige große Herausforderung

Fehlt eine solche Dokumentation, müssen im Fall des Todes die Angehörigen entscheiden, ob Organe gespendet werden. Das sei unheimlich schwierig, wenn zu Lebzeiten nichts besprochen wurde, meint Anita Singh-Carl. Aus Angst falsch zu entscheiden, würden sich Angehörige möglicherweise häufiger gegen eine Organspende entscheiden, vermutet sie. Sie hofft, dass durch die Kampagne mehr Menschen ihre persönliche Entscheidung treffen, sie festhalten und ihren Organspendeausweis bei sich tragen.

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